"New York, 2005
Die Tage vergehen.
Eine Aneinanderreihung von Momenten, an die ich mich später zu erinnern versuchen werde.
Momente von Traurigkeit.
Momente von Schönheit.
Momente von Wut.
Momente der Leere.
Und es gibt nichts, was ich tun muss, in der sinnlos verstreichenden Zeit.
Der Regen, der fällt.
Die Sonne, die sinkt.
Die Sekunden, die verstreichen.
Die Autos, die vorüberfahren.
Der Schnee, der alles verhüllt.
In all dem liebe ich das Vergehen der Zeit.
Das Universum dehnt sich aus.
Sonnen explodieren.
Sonnen entstehen.
Planeten verdampfen.
Leben vergeht.
Und es gibt nichts, was ich tun muss.
Das Leben ist traurig.
Ich versuche darin die Momente von Schönheit zu finden, die zu entdecken mir möglich sind:
Momente der Arbeit,
Momente des Mitleids,
Momente der Liebe.
Und es gibt nichts, was ich tun muss, in der zufällig verstreichenden Zeit."
"Auf einer Parkbank im Central Park in New York erzählte mir
ein etwa neunzigjähriger japanischer Tourist, daß er einen Freund hatte, der sich in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges dreimal freiwillig zum damals legendärsten Regiment der japanischen Luftwaffe, dem Regiment der Chrysanthemen gemeldet hatte, dreimal jedoch als Kriegs-Freiwilliger abgelehnt wurde, weil er verheiratet war
und drei kleine Töchter hatte.
Kurz vor Kriegsende wurde er dann doch angenommen und er flog seinen Einsatz.
Seine Frau hatte sich und ihre drei kleinen Töchter ertränkt, damit er sich seinen Wunsch erfüllen konnte Kamikaze-Flieger zu werden."
"In dem Moment, in dem ich das erste Mal eine Kamera in der Hand gehalten habe, wusste ich, dass ich Filmemacher bin.
Dieser alles entscheidende Augenblick, in dem aus der in alle Richtungen gleichzeitig verströmenden Zeit, ein Ausschnitt, eine Perspektive, ein Blickwinkel ausgewählt werden muss und in dem, durch die Bewegungen unseres einzigartigen Körpers, der spontan auf das Wahrgenommene reagiert, neue Anpassungen, neue Konzentrationen, Verlagerungen, Betonungen, Hervorhebungen geschaffen werden, die immerzu wieder neue Bedeutungen und Zusammenhänge erschaffen, auf die wiederum sofort reagiert werden muss - das ist der Moment von tiefer existenzieller künstlerischer Anwesenheit, in dem das Material entsteht. Material, das später analysiert, fragmentiert, angeordnet und geziegt werden wird.
In dieser Sekunde, jetzt, das Beste geben. Den Atem anhaltend, den Raum erfassend, die Situation erahnend, die neuen Konstellationen voraussehend - hoffend, auf die nächste plötzliche Regung, bangend, lauernd, in schwebender Aufmerksamkeit und in tiefster existenziller Empathie.
‚Das ist, was ich machen muss! Das ist, wer ich bin.‘ - Das habe ich sofort verstanden, in diesem ersten Moment, damals, mit der neuen Kamera, auf dem hügeligen Feld in der Uckermark, mit Mähdreschern, Heuballen, Füchsen und Rehen und Kranichen, in der Dämmerung, am Hang.
Kurze emphatische Filme, Momententnahmen der tragischen, schönen Flüchtigkeit unseres Seins. Pure Präsenz. Direkte Schönheit.
- Und wenn es das Einzige ist."
"Von Anfang an gab es ein Unbehagen in mir. Von Anfang an hatte ich gespürt, dass etwas nicht stimmte. Etwas Elementares. Etwas Grundlegendes. Seitdem ich ein Kind war. Etwas bereitete mir Sorgen.
Mittlerweile weiss ich, was mich beunruhigt hatte. Mein Unbehagen war berechtigt. Leider. Aber jetzt ist es kein Unbehagen mehr. Jetzt ist es eine Gewissheit. Eine traurige Gewissheit.
Alles ist auf schwer zu durchschauende Weise verlogen.
Die Aufklärung ist Teil eines hegemonialen Feldzugs, der dem Westen die Macht sichert.
Der Holocaust kann sich wiederholen.
Es gibt keine Wahrheit - nur widersprüchliche Interessen.
Die Zeit vergeht.
Die Nachdenklichen sind erstarrt.
Und die Egoisten nutzen die Gunst der Stunde, schamlos."
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"Manchmal, am frühen Morgen, wenn der Nebel an den Blättern der Kastanienallee zu Tau gerinnt und zu Boden tropft, regnet es auf dem Land nur unter den Bäumen."
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